Die US-Regierung bereitet Berichten zufolge eine Lockerung der Eigenkapitalanforderungen für Großbanken vor. Dieser Schritt könnte das Risikomanagement der Finanzinstitute grundlegend verändern und die Debatte über regulatorische Schutzmechanismen neu entfachen.
Laut Insidern, die von der Financial Times zitiert wurden, wird die Regierung voraussichtlich die ergänzende Verschuldungsquote (SLR) überarbeiten. Diese ist ein zentrales Element des Basel-III-Rahmenwerks, das nach der Finanzkrise 2008 übermäßige Risikobereitschaft begrenzen soll.
Die aktuellen SLR-Regeln aus dem Jahr 2014 verpflichten systemrelevante Banken in den USA, ihre Verschuldungsquoten deutlich über dem internationalen Basel-III-Minimum von 3% zu halten. Auf Holdingebene liegen die Schwellenwerte bei 5% oder mehr. Die mögliche Anpassung würde die US-Standards denen anderer Industrieländer annähern, wo die Quoten typischerweise zwischen 3% und 4.25% liegen.
Befürworter der Rücknahme argumentieren, dass die aktuellen Anforderungen Banken für das Halten risikoarmer Anlagen wie US-Staatsanleihen unfair bestrafen und ihre Handlungsfähigkeit in Zeiten von Marktstress einschränken. Greg Baer, Leiter des Bank Policy Institute, sagt, es sei jetzt an der Zeit zu handeln – bevor die nächste Krise reaktive Änderungen erzwingt.
Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, sprach sich ebenfalls für eine Überarbeitung aus und deutete Anfang des Jahres an, dass eine flexiblere SLR zur Stabilisierung des Staatsanleihenmarktes beitragen könnte.
Kritiker warnen jedoch davor, dass eine Lockerung der Kapitalregeln das Finanzsystem anfällig machen könnte. Nicolas Véron vom Peterson Institute for International Economics warnt, dass sich eine Rücknahme der Schutzmaßnahmen angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten und der zentralen Rolle der US-Banken weltweit als verfrüht erweisen könnte.
Die genauen Details der Politikänderung sind noch unklar, doch der erwartete Schritt löst bereits einen bekannten Konflikt aus: einen zwischen den Befürwortern von Marktflexibilität und denen, die sich auf systemische Widerstandsfähigkeit konzentrieren.
Mark Skousen, der Ökonom, der den Börsencrash von 1987 vorhergesagt hatte, glaubt, dass das aktuelle Finanzumfeld in eine prekäre Phase eintritt.
Kevin Warsh, ehemaliges Mitglied des Direktoriums der US-Notenbank Federal Reserve, ist zu einer Schlüsselfigur in den Spekulationen darüber geworden, wer die US-Notenbank als nächster leiten könnte.
Steve Eisman, der berühmte Investor, der für seine Vorhersage des Immobiliencrashs von 2008 bekannt ist, schlägt Alarm – nicht wegen überbewerteter Tech-Aktien oder Zinssätzen, sondern wegen des eskalierenden Risikos globaler Handelsstreitigkeiten.
Trotz wachsender Besorgnis über das steigende Haushaltsdefizit der USA glaubt Scott Chronert, US-Aktienstratege bei Citigroup, dass die Situation kurzfristig zu Gewinnen für die Gesamtwirtschaft führen könnte – selbst wenn dies zu Lasten der Marktbewertungen geht.