Die globalen Märkte passen ihre Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas nach einer plötzlichen Entspannung der Handelsspannungen mit den USA neu an.
Als Reaktion auf die neu angekündigte Aussetzung der Zölle hat Goldman Sachs seine Prognose für das BIP-Wachstum Chinas im Jahr 2025 von 4% auf 4.6% angehoben und signalisiert damit erneut Vertrauen in die kurzfristige Erholung der Konjunktur.
Die 90-tägige Vereinbarung sieht eine Senkung der Einfuhrzölle auf beiden Seiten vor und bietet damit eine Atempause inmitten jahrelanger wirtschaftlicher Spannungen. Auch wenn dies keine endgültige Lösung darstellt, hat diese Entwicklung bereits für Aufsehen gesorgt. Finanzunternehmen wie UBS und Natixis folgten schnell und erhöhten ihre eigenen Prognosen für das Wachstum Chinas. Morgan Stanley erwartet nun für das zweite Quartal ein BIP-Wachstum von über 4.5% und eine anhaltende Stärke auch im nächsten Quartal.
Chinesische Aktien reagierten prompt: Nomura stufte seine Einschätzung für Festlandaktien herauf und Citi hob sein Kursziel für den Hang Seng Index an. Der Technologie- und der Konsumsektor gelten als die größten Gewinner auf kurze Sicht.
Dennoch bleiben Ökonomen vorsichtig. Der vorübergehende Charakter der Vereinbarung und ungelöste strukturelle Probleme – von der Schwäche des Immobilienmarktes bis hin zu den steigenden Schulden der lokalen Regierungen – bergen Risiken für eine vollständige Erholung. Einige Analysten warnen, dass der derzeitige Optimismus nachlassen könnte, wenn keine dauerhaften politischen Veränderungen folgen.
Die Aussetzung der Zölle sorgt zwar kurzfristig für Auftrieb, doch die langfristigen Aussichten für China hängen von tiefgreifenden Reformen und dauerhaften Handelsvereinbarungen ab. Derzeit beobachtet der Markt, ob sich diese Waffenruhe zu etwas Substanziellerem entwickelt – oder lediglich den Countdown zurücksetzt.
Steve Eisman, der berühmte Investor, der für seine Vorhersage des Immobiliencrashs von 2008 bekannt ist, schlägt Alarm – nicht wegen überbewerteter Tech-Aktien oder Zinssätzen, sondern wegen des eskalierenden Risikos globaler Handelsstreitigkeiten.
Trotz wachsender Besorgnis über das steigende Haushaltsdefizit der USA glaubt Scott Chronert, US-Aktienstratege bei Citigroup, dass die Situation kurzfristig zu Gewinnen für die Gesamtwirtschaft führen könnte – selbst wenn dies zu Lasten der Marktbewertungen geht.
Die US-Regierung bereitet Berichten zufolge eine Lockerung der Eigenkapitalanforderungen für Großbanken vor. Dieser Schritt könnte das Risikomanagement der Finanzinstitute grundlegend verändern und die Debatte über regulatorische Schutzmechanismen neu entfachen.
In einem historischen Schritt hat Moody’s die langfristige Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten von Aaa auf Aa1 herabgestuft und dabei die explodierenden Defizite, die wachsende Zinslast und das Versäumnis, finanzpolitische Reformen umzusetzen, als Gründe genannt.